von
Peter Spijkman, leitender
Anlagestratege bei Aegon Asset Management:
Die Dynamik mag sich in den letzten Monaten
abgeschwächt haben, aber die Aktienmärkte weisen im bisherigen
Jahresverlauf immer noch hohe Renditen auf. Sie wurden durch
eine weltweit unterstützende Geld- und Fiskalpolitik nach oben
getrieben, aber die hohen Bewertungen beunruhigen die Anleger.
Der Grund dafür ist leicht zu erkennen: Aus
historischer Sicht und in Bezug auf die meisten Kennzahlen
erscheinen die Aktien teuer. Die Zinssätze sind niedrig, ebenso
wie die Renditenaufschläge für viele festverzinsliche
Anlageklassen. Die Differenz zwischen der Gewinnrendite und dem
Zinssatz für Staatsanleihen gibt Aufschluss darüber, wie die
Anleger für das Eingehen von Aktienrisiken entschädigt werden,
und diese Kennzahl befindet sich auf einem historisch niedrigen
Niveau.
Während die Bewertungen insgesamt hoch
erscheinen, ist das tatsächliche Bild jedoch differenzierter, da
die Bewertungen in bestimmten Regionen und für bestimmte
Sektoren sehr hoch sind. Insbesondere US-Aktien sind derzeit
relativ teuer, vor allem im Vergleich zum Vereinigten Königreich
und zu Europa. Dieser Bewertungsunterschied erklärt sich
größtenteils durch die sektorale Zusammensetzung der Märkte und
die dominierenden Branchen. In den USA ist der hoch bewertete
Technologiesektor stärker vertreten, während in Europa die
niedriger bewerteten Sektoren (vor allem Finanzwerte, Energie,
Grundstoffe und Versorger) stärker gewichtet sind.
Unterstützendes Ertragswachstum
Die hohe Bewertung des Technologiesektors ist
nicht irrational, sondern wird durch das starke Wachstum des
Sektors in einer Zeit gestützt, in der niedrige Zinssätze
Wachstum besonders wertvoll machen. Die Unternehmensgewinne im
Technologiesektor sind fast doppelt so schnell gewachsen wie die
des breiteren Indexes. Es gibt allen Grund zu der Annahme, dass
sich dieses Wachstum fortsetzen kann: Der Trend zur verstärkten
Nutzung und Übernahme von Technologie wurde durch die Pandemie
noch beschleunigt. Dies trägt dazu bei, die höhere Bewertung des
Sektors zu rechtfertigen.
Generell werden die höheren Bewertungen von
Aktien durch das erwartete Gewinnwachstum gestützt. Im Jahr 2020
kam es aufgrund der Auswirkungen von Covid-19 auf die
Weltwirtschaft zu einem starken Rückgang der ausgewiesenen
Gewinne. Im Laufe des Jahres 2021 wurde deutlich, dass sich die
Volkswirtschaften weltweit schnell erholen und die
Unternehmensgewinne dem folgen werden. Für 2021 erwarten wir ein
Gewinnwachstum von etwa 30 % im Vergleich zu 2019.
Sicherlich gibt es eine Reihe von Risiken für
Aktien. Eine Erhöhung der Unternehmenssteuern würde
beispielsweise den jüngsten Trend umkehren, dass Länder
miteinander konkurrieren, um den Unternehmen niedrigere
Steuersätze anzubieten, um die Schaffung von Arbeitsplätzen
sowohl in den Unternehmen selbst als auch innerhalb der
Lieferkette zu fördern. Die Regierungen können sich diese
Großzügigkeit nicht mehr leisten. Die 20 größten
Volkswirtschaften der Welt haben einen Plan für eine globale
Reform unterzeichnet, der einen Mindeststeuersatz für
multinationale Unternehmen vorsieht und die Möglichkeiten der
multinationalen Unternehmen einschränkt, ihre Gewinne in
steuerfreundliche Länder zu verlagern. Dies könnte den
Unternehmensgewinnen einen Dämpfer versetzen, vor allem in
Bereichen, auf die die Politik abzielt, wie z. B. im
Technologiebereich.
Was bedeutet dies in der Praxis?
Für die entwickelten Märkte erwarten wir in den
kommenden Jahren eine Rendite von knapp 6 % jährlich in
US-Dollar. Die Dividendenrendite dürfte aufgrund der höheren
Bewertungen niedriger ausfallen als in den letzten Jahren. Wir
rechnen mit einer Dividendenrendite von etwa 1,6 %. Eine
wichtige Komponente der langfristigen Aktienrendite ist das
Gewinnwachstum. Für die kommenden Jahre gehen wir von einem
weiteren Anstieg der Unternehmensgewinne aus, so dass das
Dividendenwachstum wahrscheinlich über der Inflation liegen
wird. Das sollte ein reales Dividendenwachstum von etwa 3 %
bedeuten.
Da sich die Gewinne erholen, gehen wir davon
aus, dass die Aktienmultiplikatoren leicht sinken werden.
Gleichzeitig sollten die Aktienbewertungen über dem historischen
Durchschnitt liegen, da die niedrigen Renditen auf
festverzinsliche Anlagen die Bewertungen hoch halten werden. Innerhalb
der entwickelten Märkte sind wir trotz höherer Bewertungen
positiver für die USA als für Europa gestimmt. Wir ziehen es
vor, uns auf strukturelle Veränderungen wie Digitalisierung und
Automatisierung zu stützen. Auch Technologieunternehmen dürften
langfristig schneller wachsen als die traditionelleren Sektoren.
Small Caps könnten sich ebenfalls als fruchtbarer Bereich
erweisen, da sie im Vergleich zu Large Caps ein höheres
Gewinnwachstum pro Aktie aufweisen. Es gibt echte Chancen, auch
wenn die Gesamtbewertungen hoch erscheinen. ____________________________________________________________________________ Der Autor stellt hier lediglich Informationen zur
Verfügung, es erfolgt keine Anlageberatung, Empfehlung oder
Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Vermögensanlagen.
Anlagegeschäfte beinhalten Risiken, so dass die Konsultierung
professioneller Anlagenberater empfohlen wird. Wir möchten in
diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass ein Engagement in
Aktien (auch Hot Stocks oder Penny Stocks), Zertifikate, Fonds
oder Optionsscheine zum Teil mit erheblichen Risiko verbunden. Ein
Totalverlust des eingesetzten Kapitals kann nicht ausgeschlossen
werden.
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