Liebe Börsenfreunde, Im aktuellen Ausblick zeige ich auf, welche Aktien ich aktuell
verkaufen würde, und wie wir uns mit unserem Portfolio verhalten.
Mehr dazu in Kapitel 04. Ola Källenius (CEO Daimler) und Oliver Zipse (CEO BMW) sehen
verstaubt aus, wenn Herbert Diess (CEO VW) den Autobauer ohne
Kompromisse auf Elektroantrieb umstellt. Doch es gibt jemanden,
der ist noch intelligenter als Diess: Eine Hiobsbotschaft vom heutigen Tage war die Meldung, dass
Volkswirte in den USA die erste Leitzinsanhebung durch die
US-Notenbank eher früher als später erwarten. Die gestörten
globalen Lieferketten sowie ein Mangel an Arbeitskräften auf dem
Arbeitsmarkt würden sowohl die Fed als auch andere große
Zentralbanken der Welt schon bald zu einer strafferen Zinspolitik
zwingen. Spätestens Ende 2023, vielleicht sogar bereits im
September nächsten Jahres müsse es die erste Zinsanhebung in den
USA geben, so die Mehrheit der Volkswirte. Tja, was soll ich dazu sagen: Nvidia konnte den Quartalsumsatz um
50% auf 6,8 Mrd. USD steigern, der Gewinn je Aktie sprang um 60%
auf 1,1 USD/Aktie und liegt um 9% über den Erwartungen der
Analysten. An jedem Umsatzdollar verdient Nvidia 67 Cents, die
Gewinnmarge liegt also bei abenteuerlichen 67%. An den
Übernahmeabsichten von Arm Holding für 40 Mrd. USD hat sich nichts
geändert. Der Baltic Dry Verschiffungsindex für den Transport von Schüttgut
ist letzte Woche um 14% eingebrochen. Die Frachtkosten für
Container sind in den vergangenen zwei Wochen um 13% zurück
gegangen. Wer sagt’s denn: Entspannung auf den weltweiten
Logistikmärkten. Sechs Tage in Folge hat der DAX ein neues Allzeithoch erklommen.
Dies hatte sich angedeutet, wenngleich die Intensität der Rallye
ziemlich mau ist, denn im Wochenvergleich konnte der DAX nicht
einmal ein halbes Prozent zulegen. Der Lockdown in Österreich hat
Anlegern heute erst einmal die Laune verdorben. Gepaart mit der
besonders hohen Volatilität des heutigen Verfallstages gab der DAX
seine zuvor mühsam gewonnenen Punkte heute zu einem großen Teil
wieder ab. In den USA konnte die vierte Coronawelle bereits gebrochen
werden, die Zahlen dort sind stark rückläufig. Mit Blick auf
Europa behaupten die US-Medien nun, es handele sich bei den
aktuell nach oben schnellenden Zahlen lediglich um lokale
Ausnahmen. Also: Österreich und Deutschland sind inzwischen nicht
mehr als eine lokale Besonderheit. Tatsächlich hat es den
Anschein, dass wir die Booster-Impfung verschleppt haben. Der
Blick nach Israel zeigt, dass man diese Schlamperei jedoch schnell
in den Griff bekommen kann. Es sind Deutschland und Österreich, wo die Infektionszahlen in
die Höhe schießen. Der Rest der Welt hat die vierte Welle schon
hinter sich (USA, Israel), oder verfügt über eine ausreichend hohe
Impfquote, um sie gar nicht erst zum Tragen kommen zu lassen
(Portugal, Spanien). Wesentliche Informationen zu meiner konkreten Einschätzung
einzelner Aktien lesen Heibel-Ticker PLUS Leser im Rahmen der
Updates zu unseren Portfoliowerten in Kapitel 05. Wie immer gibt
es auch eine tabellarische Übersicht über unser aktuelles
Portfolio. Die PLUS Inhalte bleiben den zahlenden Abonnenten des
Heibel-Ticker PLUS vorbehalten. Bitte haben Sie Verständnis dafür,
aber ohne eine kleine Einnahmequelle kann ich den Heibel-Ticker
nicht aufrecht erhalten. Die kostenlosen Kapitel 02 und 03 mit dem
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und Mail- sowie SMS-Updates unter der Woche und Zugriff auf alle
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Inzwischen werden schon die besten Ideen an der Börse gehandelt,
als sei die ferne Zukunft heute schon Realität. Elektroautos
machen unsere heimische Autoindustrie obsolet, doch schon kommt
ein neuer Akteur mit autonom fahrenden Autos und degradiert alle
Elektroautos zu Herstellern von Massengütern. Doch auch das ist
nur ein Zwischenschritt, wie Sie in Kapitel 02 lesen werden.
Außerdem gehe ich auf aktuelle Entwicklung rund um das Thema
Inflation ein: Die Auseinandersetzung wird hitziger, ein Gewinner
ist noch nicht in Sicht.
Nvidia Gründer Jensen Huang wird inzwischen mit Leonardo da Vinci
verglichen, der im 15. Jahrhundert die Idee eines Helikopters
entwickelte. Jensen Huang zeigt uns, wie die digitale Welt in 20
Jahren aussehen wird. Bescheiden, wenn wir den historischen
Vergleich daneben halten.
Die Stimmung hat sich letzte Woche in Deutschland diametral
unterschiedlich zur Stimmung in den USA entwickelt. Was dahinter
steckt und was dies bedeutet, zeige ich in Kapitel 03.
02. So tickt die Börse: Welt ohne Autos
Elon Musk (CEO Tesla) baut seine Autofabriken mit einem
Automatisierungsgrad, von dem Diess nur träumen kann. Und wenn wir
berücksichtigen, dass Tesla einen eigenen Autochip einsetzt, und
ohne historische Altlasten (Pensionsverpflichtungen) unterwegs
ist, müssen wir fürchten, dass Elon Musk die uns bekannte
Autoindustrie obsolet macht. Doch es gibt jemanden, der ist noch
intelligenter als Diess:
Tim Cook (CEO Apple) arbeitet auch an einem Elektroauto. Doch das
Auto von Apple kommt ohne Lenkrad, ohne Pedale und … ohne
Preisschild. Apple plant neuen Gerüchten zufolge bereits für das
Jahr 2025 die Markteinführung eines Apple-Cars. Elon Musk kann
einpacken, wenn die Apple-Cars führerlos und voll autonom durch
die Straßen rollen und jeden Abonnenten des Apple-Car Dienstes von
A nach B bringt. Keine Parkplatzsuche mehr, keine
Inspektionskosten, kein Kaufpreis, sondern nur Nutzungsgebühren.
Aber es gibt noch jemanden, der ist noch intelligenter als Tim
Cook:
Jensen Huang (CEO Nvidia) arbeitet am Omniversum, einer digitalen
Welt, die wir nur aus dem Film “Matrix” kennen. Dort brauchen die
Menschen keine physischen Autos mehr, sondern das gesamte Leben
findet im Metaversum statt. Ob Arbeitsbesprechungen oder
Familienfeiern, es werden einfach die Avatare in einen Raum geholt
und schon ist man seinem Nächsten digital näher. Tim Cook kann
einpacken, wenn Jensen Huang seine Vision umsetzt, denn Autos
werden dann nicht mehr benötigt.
Leonardo da Vinci hat bereits im 15. Jahrhundert die Grundlagen
für den heutigen Helikopter ausgearbeitet. Es dauerte noch über
300 Jahre, bis seine Idee zu fliegen begann. Jensen Huang hat das
Omniversum definiert. Er spricht aber nicht von der Realisierung
im Jahr 2400, sondern im Jahr 2040. Zwanzig Jahre ist eine sehr
ferne Zukunft und die Ziffer ist mir relativ egal. Und ich glaube
auch nicht, dass Autos überflüssig werden. Doch die Richtung, in
die wir die weitere Entwicklung erwarten dürfen, halte ich für
wichtig: Die digitale Welt wird immer mehr Bereiche der realen
Welt übernehmen. Dinge der realen Welt werden zunehmend zu einem
Luxusgut – nicht umgekehrt.
Vor diesem Hintergrund halte ich es für abenteuerlich, dass
Start-Up Unternehmen im Bereich der Elektromobilität teilweise
mehr wert sind als Volkswagen
(137 Mrd. USD), einer der weltweit führenden Autobauer.
Sie werden sich an Lucid erinnern: Ich habe das Auto als
zukunftsweisend vorgestellt. Die Reichweite von Tesla gepaart mit
dem Luxus von Daimler lässt keinen Kundenwunsch offen. Die
geplante Jahresproduktion von 17.000 Stück ist bereits
ausverkauft. Lucid war im Verlauf letzter Woche zeitweilig 93
Mrd. USD wert. Volkswagen hat im laufenden Jahr bereits zehnmal
soviel Elektroautos verkauft.
Rivian ist letzte Woche an die Börse gekommen: Amazon und Ford
gehören zu den Investoren von Rivian. Ford möchte seine Anteile
verkaufen und den Erlös in den Ausbau der eigenen
Elektroauto-Infrastruktur stecken. Amazon möchte den Rivian PickUp
für die eigene Logistik einsetzen. Bis Ende des laufenden Jahres
möchte Rivian bereits 1.000 Autos ausliefern. Elon Musk twitterte
dazu, dass es leicht sei, anspruchsvolle Prototypen zu
präsentieren. Der Nageltest stehe noch mit dem Umstieg auf die
Massenproduktion aus. Rivian war im Verlauf der Woche zeitweilig
150 Mrd. USD wert, also wertvoller als VW.
Fast schon bescheiden nimmt sich da der deutsche Autobauer Sono
aus: Die Münchener entwickeln ein Auto, dessen Außenhaut
überwiegend aus Solarzellen besteht und somit die Batterie
kontinuierlich aufladen kann. Diese Zukunftsvision ist den
Börsianern an der Wallstreet im Rahmen des Börsengangs in letzter
Woche 2 Mrd. USD wert, mehr als Schäffler, einer der größten
Autozulieferer.
Die Party auf dem Markt der Elektroautos kann noch beliebig lange
weitergehen. Doch wehe, wenn jemand die Musik ausmacht, oder wenn
Tim Cook und Jensen Huang den DJ wegschubsen und selber ans
Mischpult gehen.INFLATION GEHT ZURÜCK
Wir kennen die Diskussion: “transitory” lautet das Schlagwort. Ist
die Inflation “vorübergehend”, oder nicht. Die
Lieferkettenprobleme lassen sich beheben, wenn die globale
Logistik sich wieder einschwingt. Die gestiegenen Rohstoffpreise
sind eine Folge der sprunghaft angestiegenen Nachfrage nach dem
Ende der Corona-Beschränkungen. Sollte die Nachfrage wieder auf
ein normales Niveau zurückschwingen, werden sich auch die
Rohstoffpreise wieder ermäßigen. Ich hatte Ende Oktober ziemlich
genau das Hoch am Ölmarkt ausgerufen, inzwischen ist der Ölpreis um
8% zurück gekommen.
Dennoch ist es zu früh, um Entwarnung zu geben. Unsere
Energiepolitik hat uns in eine starke Abhängigkeit vom russischen
Gas gebracht. Querelen um die Zulassung der Gaspipeline Nord
Stream II ließen den Gaspreis hierzulande in den vergangenen
Monaten in die Höhe schnellen. Derzeit gibt es noch konzeptionelle
Einwände gegen Nord Stream II, die von der EU vorgebracht und von
unserer Bundesnetzagentur vorgetragen werden:
Die Pipeline gehört Gazprom und auch das Gas, das geliefert wird,
kommt direkt von Gazprom. Nach europäischen Vorgaben müssen diese
beiden Dienste, Pipelinebetrieb und Gaslieferung,
unterschiedlichen Rechtseinheiten gehören, um Abhängigkeiten zu
vermeiden. Nun will Gazprom eine deutsche Gesellschaft gründen,
der die in deutschen Gewässern liegenden Röhren übertragen werden.
Mal sehen, ob das reicht. Wir alle wissen jedoch, dass hier
Politik auf dem Rücken der Wirtschaft betrieben wird.NVIDIA ÜBERTRIFFT HIMMELHOHE ERWARTUNGEN
Der Unternehmensausblick wurde kräftig angehoben: Statt 6,89 Mrd.
USD möchte CEO Jensen Huang nun 7,4 Mrd. USD im Q4 umsetzen, die
Gewinnmarge werde bei 67% bleiben.
Grafikkarten für Spielecomputer sorgten für 42% Umsatzanstieg, für
Rechenzentren +55%. Das sind mit je rund 3 Mrd. USD Umsatz die
beiden großen Geschäftsbereiche von Nvidia. Professionelle
Visualisierung sprang um 144% auf 577 Mio. USD Umsatz. BMW,
Erisson, Lockheed Martin und Sony Pictures würden gemeinsam mit
insgesamt rund 40 Mio. 3D-Entwicklern Projekte im Omniversum
unterhalten, um die Möglichkeiten zu eruieren.
CEO Jensen Huang sprach erneut über den Omniverse Avatar, der
wesentlich geläufiger werde als physische Avatare, sprich Roboter.
Während Roboter letztlich für bestimmte Aufgaben gebaut würden,
könne man mit dem Online Avatar alle Möglichkeiten austesten. Der
Bau eines Roboters entsprechend einem Avatar, der seine Aufgaben
im Omniversum gut macht, sei dann nur noch der letzte, aber kleine
Entwicklungsschritt.
Die Welt werde auf solche Avatar-Lösungen umstellen, so Huang.
Derzeit seien lediglich 10% der globalen Rechenzentren dafür
vorbereitet, dem Rest fehlen die entsprechenden Graphikkarten.
Analysten dürfen daraus ableiten, dass Nvidias Erfolgsgeschichte
noch immer in einem frühen Stadium ist.
Ich könnte mir in den Allerwertesten beißen: Wir haben Nvidia erst
vor zwei Monaten mit 60% Gewinn verkauft. Erfolgreich, könnte man
meinen. Doch seither ist die Aktie um weitere 60% angestiegen. Wir
hatten uns damals für das “sichere” Chipunternehmen entscheidend,
das seither auf der Stelle tritt.
Na, sei’s drum: Ein bisschen Glück gehört halt dazu. Und wenn man,
wie wir, sein Portfolio auf maximal 20 Positionen beschränkt, kann
man halt nicht überall dabei sein. Letzte Woche hatten wir großes
Glück bei zwei anderen Titeln. Schauen wir mal, wie sich die
wichtigsten Indizes im Wochenvergleich entwickelt haben.WOCHENPERFORMANCE DER WICHTIGSTEN INDIZES
INDIZES
18.11.21
Woche Δ
Σ ’21 Δ
Dow Jones
35.686
-1,1%
17,0%
DAX
16.160
0,4%
17,8%
Nikkei
29.746
0,5%
8,4%
Shanghai A
3.731
0,6%
4,3%
Euro/US-Dollar
1,13
-1,2%
-8,0%
Euro/Yen
128,76
-1,2%
1,6%
10-Jahres-US-Anleihe
1,53%
-0,03
0,60
Umlaufrendite Dt
-0,43%
-0,08
0,13
Feinunze Gold
$1.857
-0,2%
-1,4%
Fass Brent Öl
$78,35
-5,2%
52,5%
Kupfer
$9.642
0,3%
23,0%
Baltic Dry Shipping
$2.454
-14,2%
79,6%
Bitcoin
$58.252
-6,5%
106,9%
Da verwundert es nicht, wenn die Aktien der Logistikunternehmen
der DAX-160 Familie letzte Woche die rote Laterne in der Hand
halten: -3,4% lautet die Wochenperformance. Die Lufthansa und
Fraport gaben je 8% ab, MTU Aero sogar 9%.
Gewonnen haben Gesundheitsaktien (+2,8%) und der Einzelhandel
(+3,6%). Siemens Healthineers (+11%), Synlab Med (+11%) und
Stratec Biomed (+9%) wurden von Zalando, HelloFresh (je +12%),
Global Fashion (+13%) und Home 24 (+18%) in den Schatten gestellt.
Nicht zu vergessen About You Mode (+17%) und Westwing (+10%): So
sieht Anlegervorfreude auf ein digitales Weihnachtsgeschäft aus.
In Österreich wurde wieder ein Lockdown verhängt. Die Zahlen sehen
in Deutschland nicht viel anders aus, dennoch wird hierzulande
dieses Mal auf die Autorität der Bundesländer verwiesen.
Heute sind die Aktienmärkte eingebrochen: der Lockdown in
Österreich wird dafür verantwortlich gemacht. Schauen wir mal, wie
sich das auf die Stimmung ausgewirkt hat.
03. Sentiment: Corona führt zu unterschiedlichem Sentiment in
USA und Deutschland
Die Stimmung der Anleger kann das nicht trüben: Das
Anlegersentiment ist mit einem Wert von 4,2 weiterhin im Bereich
der Euphorie. Die Party geht weiter, freuen sich viele Anleger,
die ihre Aktien noch immer halten.
Und Selbstzufriedenheit macht sich breit. Der Wert von 3,5 zeigt,
dass viele Anleger die Rekordjagd erwartet hatten und sich nun in
ihrem Erfolg sonnen.
Die Zukunftserwartung ist jedoch auf einen Wert von -1
eingebrochen. Den gesamten Oktober hindurch waren die Bullen in
der Überzahl, der Zukunftsoptimismus erreichte Rekordhöhen.
Innerhalb von nur drei Wochen ist dieser Optimismus nun
vollständig verschwunden.
Parallel zum Optimismus ist auch die Investitionsbereitschaft auf
einen Wert von nur noch 0,2 eingebrochen. Es dürfte also in den
kommenden Tagen schwer sein, die Rallye wieder aufzunehmen, ohne
einen Anlass dafür zu haben, der dieses Sentiment wieder dreht.
Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist auf -11 gefallen und
zeigt eine starke Absicherungsneigung. Das war’s denn wohl,
scheinen viele Anleger zu denken und sichern die Gewinne, die sie
nicht einstreichen können, mit Put-Optionsscheinen ab.
Das Put/Call-Verhältnis an der CBOE zeigt hingegen nach wie vor
eine stark bullische Ausrichtung der Anleger. Und so überrascht es
kaum, dass die US-Fondsmanager ihre Investitionsquote auf 103%
belassen haben.
US-Privatanleger haben ein Bulle/Bär-Verhältnis von 12%, die
Bullen dominieren in den USA. Zwar ist das Lager der Bären um 15%
gegenüber der Vorwoche angewachsen, doch anders als in Deutschland
haben in den USA die Bullen noch immer klar die Oberhand.
Der technische Angst und Gier Indikator des S&P 500 steht mit
einem Wert von 74% an der Schwelle zu extremer Gier.INTERPRETATION
Zumindest haben wir also eine Erklärung für den anhaltenden
Optimismus in den USA bei gleichzeitiger Trübsalblaserei in
Deutschland: Corona.
In den vergangenen Wochen habe ich im Rahmen der Sentimentanalyse
gezeigt, dass es keine nennenswerten Sentiment-Schiefstände gibt,
die durch eine heftige Korrektur aufgelöst werden müssten. Im
Gegenteil, ich hatte eine gesunde, wenn auch an Dynamik
verlierende Fortsetzung der steigenden Kurse abgeleitet. Wenn es
zu einem Rückschlag käme, wäre das eine Kaufgelegenheit, folgerte
ich …
… dabei bleibe ich: der heutige Rückschlag, verstärkt durch den
heutigen Verfallstag, ist eine Kaufgelegenheit und kein Grund zur
(Aktienmarkt)Sorge. Wir treten in die nächste Phase der
Aktienmarktrallye ein: Die Zukunftserwartungen, die bis vor
wenigen Wochen noch rosig waren, schwinden und ungläubig schauen
viele Anleger den meiner Ansicht nach bald schon wieder steigenden
Kursen hinterher.
Das 5-Wochensentiment, das stets eine ziemlich gute mittelfristige
Einschätzung der Börsenverfassung erlaubt, ist tatsächlich bereits
auf extreme Höhen gestiegen. In der Vergangenheit haben solche
Werte häufig das Ende der Party eingeläutet. This time is
different, würde ich aktuell noch sagen: dem Rekordtief aus dem
Coronacrash im März 2020 steht noch kein entsprechendes Rekordhoch
gegenüber. Da geht noch was.
Soweit eine Einschätzung für die kommenden Monate. Dennoch müssen
wir die Extremwerte zur Kenntnis nehmen und unsere Positionierung
entsprechend anpassen. Das heißt, wer bisher voll investiert war,
der sollte auf dem aktuellen Kursniveau ein paar Gewinne
einstreichen. Ein wenig Cash für Schnäppchenkäufe im Falle einer
ausgedehnten Konsolidierung kann nicht schaden.
Der Wechselkurs EUR/USD ist unter seine Langzeit-Unterstützung bei
1,15 USD/EUR gerutscht und notiert aktuell bei nur noch 1,13
USD/EUR. Entsprechend schlecht ist die Anlegerstimmung am
Währungsmarkt, sowie auch die Zukunftserwartung. Beide
Sentimentindikatoren notieren in extremen Bereichen. Es besteht
eine große Kaufbereitschaft auf dem aktuellen Niveau, daher gehe
ich kurzfristig von einem erneuten Anlaufen der Unterstützung,
diesmal jedoch von unten, aus.
Der Goldpreis zieht an, die Stimmung auch. Doch am Goldmarkt sind
wir noch weit von Euphorie oder ähnlichen extremen Sentimentwerten
entfernt, die Lauf kann sich noch fortsetzen.
Ganz anders sieht es am Ölmarkt aus: Nachdem die Rallye nicht
fortgesetzt wurde, brach auch die Stimmung ein. Die
Zukunftserwartung ist auf dem niedrigsten Niveau der vergangenen
12 Monate. Die Konsolidierung am Ölmarkt dürfte sich also noch ein
wenig fortsetzen.
Bitcoin-Jünger sind eine eigene Spezies und wir müssen erst
lernen, mit ihnen umzugehen. Obwohl der Bitcoin in den vergangenen
Tagen kräftig eingebrochen ist, bleibt die Zukunftserwartung auf
einem hohen Niveau. Klar, die Stimmung trübt sich ein, doch von
Panik kann keine Rede sein.
04. Ausblick: Ausverkauf ist Kaufgelegenheit
Die Deutschen sind der nationalen Corona-Bevormundung überdrüssig
und fordern differenziertere Maßnahmen je nach Region oder
Bundesland. Genau das wurde nun beschlossen und wir dürfen uns in
den kommenden Wochen jeweils informieren, welche Bestimmungen an
unseren Reisezielen gelten.
Aktuell scheinen Anleger zu fürchten, dass uns Österreich als
Vorlage dienen wird: Wenn die Infektionszahlen weiter in die Höhe
schnellen, so befürchten die Anleger, die heute verkauft haben,
kommen wir um einen Lockdown auch in Deutschland nicht rum.
Ich sehe darin den Versuch, die starken (auch wirtschaftlichen)
Beeinträchtigungen der vorhergehenden Lockdowns dieses Mal zu
schmälern. In den kommenden Tagen und Wochen werden wir dann vor
dem Hintergrund weiter steigender Zahlen von weitere Maßnahmen
hören: Ich könnte mir vorstellen, dass einzelne Impfzentren zum
Boostern wieder aufmachen. Regional wird es je nach Infektionslage
und, viel wichtiger noch, je nach Krankenhausbelegung weitere
Verschärfungen geben. Solange diese Maßnahmen in den Augen der
Anleger weiterhin nicht geeignet sind, das Infektionsgeschehen in
den Griff zu bekommen, wird mit jeder Maßnahme ein weiterer
Ausverkauf mit abnehmender Intensität zu heute erfolgen. Kommt
dann irgendwann die Erkenntnis, dass auch die vierte Welle abebben
wird, dann steigen die Kurse wieder.
Doch anders als bei den vorhergehenden Lockdowns werden die
aktuellen Maßnahmen national (Österreich) oder gar regional
(Deutschland) beschränkt bleiben. Die Wirtschaft wird nicht mehr
europaweit, oder gar weltweit zum Erliegen kommen. Daher wird der
heutige Ausverkauf beschränkt bleiben. Es ist eine
Kaufgelegenheit.
Kleiner Nachtrag zu meinem Update zu Flatex von heute früh: Heute
ist die Aktie nun angesprungen. Ich habe inzwischen den Grund
dafür erfahren, und werde das in einem Update diese Woche
vorrechnen: Es handelt sich um um eine versteckte
Gebührenerhöhung, mit der die Preisstruktur an den Wettbewerb
angeglichen und auf den günstigsten Wettbewerber abgestellt wird.
Die Einnahmen dürften sich dadurch deutlich erhöhen, ohne dass
Kunden zu Wettbewerbern wechseln.
Wir befinden uns nun wieder im Lockdown-Modus an den Finanzmärkten
und wenn Sie noch Aktien haben, die nach der Coronazeit nicht mehr
die hohen Wachstumsraten aufrecht halten können, dann ist das
jetzt ein guter Zeitpunkt, diese Positionen aus dem Depot zu
werfen. Im Heibel-Ticker Portfolio traue ich es allen
“Corona-Positionen” (gekennzeichnet durch ein “+” in der Spalte
C19) zu, auch nach Corona das neue Umsatzniveau zu halten und
kräftig weiter zu wachsen.
Ich sehe derzeit also noch keinen Grund für Anpassungen. Das kann
sich natürlich jederzeit ändern, ich werde Sie per Update dann
darüber informieren.
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