Unglücklich sind die Zeiten, die Helden brauchen! + Heibel-Ticker Info-Kicker
08.03.22 09:47
Stephan Heibel
Ich habe in unserer neuen Heibel-Ticker Ausgabe versucht, die schrecklichen Ereignisse der vergangenen Woche für die Finanzwelt einzuordnen. Dabei habe ich die vier großen Themen in den Vordergrund gestellt: China/Taiwan, Russland/Ukraine, Corona/Omikron, Inflation/Notenbanken. Durch den Krieg in der Ukraine ändert sich alles.
02. So tickt die Börse: US-Aktien stabiler als europäische Aktien
Die vier Themen, die wir seit einigen Monaten immer wieder in den
Vordergrund stellen, bleiben bestehen, wobei der Krieg in der
Ukraine nun alle anderen Themen dominiert. Zumindest hierzulande,
in den USA sieht es noch anders aus.
In der vergangenen Woche haben Europa und Deutschland
Entwicklungsschritte genommen, die bis vor kurzem nicht in vielen
Jahren möglich waren. Europa steht zusammen, organisiert
Flüchtlingshilfe, koordiniert die Militärs und kappt (fast)
jegliche Verbindungen zu Russland.
Für die Menschen in der Ukraine kommen diese Entscheidungen sehr
spät. Dennoch hoffe ich, dass Putins Russland die Konsequenz der
jüngsten Aktionen Europas sowie der USA erkennt und die
kriegerische Vorgehensweise stoppt.
Ich werde mich bei den Auswirkungen des Krieges auf die
Finanzmärkte konzentrieren, das ist meine Aufgabe für meine Leser.
Der DAX ist letzte Woche um 10% eingebrochen. Wenn wir in den
kommenden Tagen und Wochen Aktien einkaufen, die anschließend
große Kursgewinne erzielen könnten, sollten Sie vorsehen, einen
Teil des Gewinns an Organisationen zu spenden, die sich
beispielsweise um die Flüchtlinge der Ukraine kümmern.
CHINA BLICKT BESORGT AUF DEN UKRAINE-KRIEG
Chinas Präsident Xi war vermutlich einer der wenigen Menschen,
die vor dem Einmarsch Russlands bereits informiert waren,
zumindest aber ahnen konnten, was kommen wird. Die Freundschaft
der beiden Staatsmänner Xi und Putin wurde während der olympischen
Winterspiele zur Schau getragen.
Inzwischen sind jedoch auch vorsichtige Kommentare aus China zu
hören: Russlands Krieg ist nicht, wie vielleicht zuvor
beabsichtigt, binnen weniger Tage erfolgreich. Im Gegenteil, Putin
stellt sein Volk inzwischen auf eine längere Auseinandersetzung
ein. Xi nimmt das besorgt zur Kenntnis, verweigert Russland die
Unterstützung und belässt es bei Stimmenthaltungen, wenn in der UN
die Invasion Russlands verurteilt wird.
Xi wird sich schon bald entscheiden müssen, wie er weiter mit
Putins Russland umgeht. Da wir die Gefahr einer Annexion Taiwans
durch China im Auge haben, sollten wir in diesen Tagen auf
Aussagen von Chinas Präsident Xi achten.
RUSSLAND FÜHRT KRIEG
Sie sind sicherlich über die Vorgänge in der Ukraine informiert,
so dass ich an dieser Stelle direkt auf die Konsequenzen eingehen
kann:
Russland wurde vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen. Vermögen russischer Oligarchen wurde zunächst eingefroren, später vielleicht konfisziert. Waffenlieferungen in die Ukraine wurden beschlossen.
Es gibt Notfallpläne für den Fall, dass wir kein russisches Gas und Öl mehr bekommen. Industrien werden abgeschaltet, das Heizen von Wohnungen hat Priorität.
Boeing und Airbus habe die Instandhaltung für russische Flugzeuge aufgekündigt.
Shell (1 Mrd. USD North Stream-Finanzierung über Gazprom), BP (20% Beteiligung an Rosneft im Wert von 25 Mrd. USD) und Exxon Mobil (4 Mrd. USD Projekte in Russland) kappen ihre Verbindungen nach Russland.
Ford und General Motors stoppen ihr Russland-Geschäft. Daimler Truck stoppt die Lieferung von Ersatzteilen an russische Partner. Volvo stoppt die Auslieferung von Autos. Das ist bemerkenswert, da Volvo in chinesischer Hand ist. Renault stoppt die Produktion in zwei Werken in Russland "weil Teile fehlen" und Volkswagen pausiert den Verkauf von Audi, um die Verkaufspreise an den Rubelverfall anzupassen. BMW stoppt Lieferungen nach und Produktion in China.
Dt. Post (DHL), FedEx und UPS stoppen die Lieferungen nach Russland.
Adidas beendet die Partnerschaft mit der russischen Fußball-Liga. Nike stoppt den Online-Verkauf in Russland. Apple stoppt den Export nach Russland und limitiert bei Apple Maps die verfügbaren Daten zur Ukraine, um die Zivilbevölkerung zu schützen.
Walt Disney, Warner Bros, Sony, Paramount und Universal Studios veröffentlichen keine Filme mehr in Russland.
... dabei wird es nicht bleiben.
Diese kleine, unvollständige Liste zeigt, dass der Westen bereit ist, den wirtschaftlichen Preis für die Unterstützung der Ukraine zu zahlen. Es bleibt die Energieversorgung Europas durch Russland, die am seidenen Faden hängt. Der Ölpreis ist bereits in Richtung 120 USD/Fass gesprungen. Hier steht nicht mehr zur Disposition, ob die Energieversorgung teuer wird, denn das ist bereits entschieden. Die offene Frage ist noch, ob wir auch die Energieversorgung aus Russland kappen.
CORONA AUF DEM RÜCKZUG
Der Vollständigkeit für unsere vier großen Themen hier noch ein
Satz zu Corona: Das Infektionsgeschehen geht zurück, die Schwere
der Erkrankung bei infizierten Geimpften ist ebenfalls stark
rückläufig. Der erhoffte Nachholeffekt in der Wirtschaft, der für
diesen Sommer erwartet wurde, wird nun durch den Ukraine-Krieg
vereitelt.
INFLATION
Die Inflation ist zu einem großen Teil abhängig von den
Energiepreisen. Daraus können Sie schon sehr schnell ablesen, dass
wir auch in den kommenden Monaten mit hohen Inflationsraten
rechnen müssen.
US-Notenbankchef Jay Powell hat letzte Woche vor dem US-Kongress
gesprochen. Für den 17. März hat er einen moderaten Zinsschritt in
Aussicht gestellt. Zuvor war spekuliert worden, ob er sogar gleich
den Leitzins um 0,5% anheben werde, doch nun erwarten die meisten
Volkswirte einen Zinsschritt von nur 0,25%.
In den USA ist wirtschaftlich betrachtet das Zinsthema wichtiger
als der Krieg in der Ukraine. Weder mit der Ukraine noch mit
Russland hat die USA übermäßig große wirtschaftliche
Verflechtungen. Der hohe Energiepreis dürfte jedoch die
US-Wirtschaft belasten.
Jay Powell hat sich sehr viel Zeit gelassen mit der Entscheidung,
die ultralockere Geldpolitik zu beenden. Um so konsequenter setzt
er die im Herbst getroffene Entscheidung nun um, die Anleihekäufe
wurden schneller beendet als ursprünglich geplant und der erste
Zinsschritt erfolgt ebenfalls früher als ursprünglich in Aussicht
gestellt.
Doch wenn die Normalisierung der Geldpolitik zuvor schon
anspruchsvoll war, so haben sich die Probleme durch den
Ukraine-Krieg nun noch verschärft. Die höheren Energiepreise
führen zu stärkerem Inflationsdruck und belasten gleichzeitig die
Wirtschaft. Powell müsste nun also eigentlich noch schneller das
Zinsniveau anheben, um die Inflation zu bekämpfen, kann dies aber
nicht tun, weil die Wirtschaft nun noch stärker durch die
Inflation belastet wird. Zusätzlich haben viele Unternehmen
Probleme, die aus dem Kappen der Verbindungen nach Russland
resultieren.
In Europa ist die Situation noch aussichtsloser: Die EZB hinkt der
US-Notenbank zwar hinterher, kann nun aber erst recht nicht
aufholen. Denn die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges
werden in Europa ein Vielfaches dessen betragen, was es für die
USA bedeutet. Gleichzeitig ist der Energiepreis in Europa deutlich
höher als in Europa. Und nicht zuletzt hat Europa gar nicht
ausreichend eigene Energiequellen, um den Kontinent zu versorgen.
In den USA hat man derzeit mehr als man braucht und exportiert.
Bei aller wirtschaftlicher Betrachtungsweise: Ich habe den
Eindruck, dass die eingangs erwähnte Transformation in der
Gesellschaft Europas erst begonnen hat.
Die Stimmung an den Börsen ist in Panik umgeschlagen, es ist
leicht abzusehen, dass allein schon ein Ende der Eskalation in der
Ukraine für eine Gegenbewegung sorgen würde. Doch bitte erwarten
Sie von mir keine Einschätzung zum weiteren Fortgang der
Ereignisse im Ukraine-Krieg. Daher ist das Kapitel 03 zur
Sentimentanalyse sehr kurz: https://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/1961#ch03
Schwerpunkt des aktuellen PLUS Kapitel 04 ist der Aufbau unseres
Dividendenportfolios. Ich habe mir einen Buy-Side Analysten zur
Seite genommen und das Thema grundlegend aufgearbeitet. Unsere
aktuellen Dividendentitel gehören weiterhin zur elitären Creme de
la Creme aus über 1.300 Aktien aus Deutschland, Österreich, der
Schweiz und den USA. Doch wir haben den einen oder anderen
Kandidaten gefunden, der noch besser ist. In Kapitel 04 nehme ich
Sie mit auf meine Suche nach dem besten Dividendenportfolio: https://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/1960#ch04
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