Stolpern die Tech-Giganten
über ihren eigenen Erfolg?
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Das große Tech-Beben
Untersuchungen des
US-Justizministeriums über die
Marktmacht von Alphabet* und
Apple* sowie eine Überwachung
der US-Federal Trade Commission
über die Praktiken von Facebook*
und Amazon haben in dieser Woche
zu einem „schwarzen Montag“ für
die Aktien der großen
US-Tech-Konzerne geführt. Nun
ist es seit langem bekannt, dass
vor allem unter den potentiellen
demokratischen
Präsidentschaftskandidaten die
Marktmacht der Konzerne
zunehmend kritisch gesehen wird.
Auch Donald Trump gilt nicht
gerade als Freund des Silicon
Valley – insbesondere
Amazon-Chef Jeff Bezos gilt als
sein Intimfeind. Die
offensichtliche Bedrohung durch
Regulierung hat die Investoren
dennoch kalt erwischt. Doch hat
sich die Welt für Google,
Facebook & Co seit dieser
Woche wirklich grundlegend
verändert? In einem Punkt auf
jeden Fall: Nun ist also auch
die US-Regierung alarmiert und
wird das weitere Verhalten der
Konzerne im Auge behalten. Eine
vergleichbare Situation hatten
die Unternehmen allerdings
bereits im Ausland. Alphabet
bekam beispielsweise im letzten
Jahr von der EU-Kommission eine
Strafe von 4,3 Mrd. EUR für den
Bruch von EU-Wettbewerbsregeln
aufgebrummt. Den Regierungen
wird der Erfolg der Tech-Titanen
langsam unheimlich, auch
zukünftig dürfte dieses
Damoklesschwert über den
Unternehmen hängen.
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Am eigenen Erfolg scheitern?
Es ist jedoch völlig klar, dass
es ausschließlich selbst
geschaffene Monopole sind, die
nun in die Diskussion geraten.
Während Fusionen von
Kartellbehörden mit Leichtigkeit
untersagt werden können, wenn
sie zu einer zu großen
Konzentration führen, stellt
sich die Ausgangslage hier
anders dar. Ein vergleichbarer
Fall dürfte daher Microsoft
sein, das in den 90er Jahren für
die Verbindung seines
Betriebssystems mit seinem
Browser in die Kritik geriet.
Oder aber Standard Oil, das
Öl-Imperium von John D.
Rockefeller, der 1890 mit der
freiwilligen Aufteilung seines
Imperiums der politisch
geforderten Zerschlagung
zuvorkam. Gemein ist diesen
beiden Beispielen jeweils, dass
sie den Erfolg der Unternehmen
nicht bremsen konnten. Eine
ähnliche Ausgangslage dürften
heute auch Alphabet & Co
haben. Am Horizont ist sogar zu
erkennen, dass die Unternehmen
sich untereinander die größte
Konkurrenz machen könnten. So
versuchen Google und Facebook
immer mehr zu Shopping-Portalen
zu werden, Amazon dagegen
versucht dem
Suchmaschinen-Giganten vermehrt
dieses Geschäft abzugraben. Der
Staat sollte sich also genau
überlegen, ob er dem Wettbewerb
wirklich einen Gefallen tut,
wenn er die Tech-Giganten
zerschlägt.
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Kalte Handelskrieger
Auch in der letzten Woche
zeichnete sich keine Beruhigung
des laufenden Handelskrieges
zwischen den USA und China ab.
Am Wochenende legte die
chinesische Regierung ein Papier
vor, das die angeblich durch die
amerikanische Seite verbreiteten
Fehlinformationen widerlegen
soll. So hätte für die
chinesische Delegation der
Grundsatz „Nichts ist
vereinbart, bevor alles
vereinbart ist“ gegolten. Von
einer Rücknahme bereits
gegebener Versprechen könne
daher nicht die Rede sein. China
sei an Gesprächen auf Augenhöhe
interessiert, die zum
gegenseitigen Vorteil seien und
auf Vertrauen basieren. Die
Fronten sind also verhärtet –
und könnten dies auch noch eine
Weile bleiben. So erklärte Prof.
Dr. Xuewu Gu vom Lehrstuhl für
Internationale Beziehungen der
Universität Bonn gestern auf der
Münchener Value
Intelligence-Konferenz, dass der
chinesische Präsident Xi seiner
Meinung nach nicht kapitulieren
könne. Er könne aber auch
keinerlei Interesse an einer
weiteren Eskalation des
Handelskrieges haben. Sollte Gu
recht haben, könnte Donald Trump
als erster „zermürbt“ sein. Denn
er hat 2020 eine Wahl zu
gewinnen – und diese würde mit
Sicherheit verloren gehen,
sollte der selbsternannte
Erneuerer der amerikanischen
Wirtschaft mit seinen Zöllen
eine Rezession oder eine
stärkere wirtschaftliche
Abkühlung hervorrufen.
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Zu den Märkten
Nach den starken Abverkäufen
der Vortage kam es gestern zu
einer nicht minder
eindrucksvollen
Erholungsbewegung, die sich auch
heute fortsetzte. Im
Tagesverlauf konnte der DAX
sogar die wichtige Marke von
12.000 Punkten zurückerobern.
Relativ klar ist, was die
Bewegung ausgelöst hat: Viele
Titel waren im Zuge der
Abwärtsbewegung der letzten
Wochen stark überverkauft. Es
fehlte also nur noch der
sprichwörtliche Funke für eine
heftige Gegenreaktion. Schon am
Montag zeichnete sich ab, dass
die noch zu Beginn der Sitzung
erreichten neuen Tiefs nicht
nachhaltig sein würden, als der
Index praktisch exakt auf der
200-Tage-Linie (vgl. Abb., grüne
Linie) drehte. Als sich dieser
Eindruck im Verlauf des Tages
verdichtete, kamen die
Leerverkäufer zunehmend unter
Druck ihre Positionen
einzudecken. Am Dienstag wurde
daraus dann eine geradezu
klassische Bärenmarktrally.
Auffällig ist dieser Effekt vor
allem bei den Aktien, die zuvor
besonders stark gefallen waren.
Im Index wurden dabei auch
gleich die beiden Abwärts-Gaps
(siehe Abb.) abgearbeitet bzw.
geschlossen, so dass von diesen
keine weitere Anziehungskraft
auf die Kurse mehr ausgeht. Wer
eine eher fundamentale Erklärung
bevorzugt, konnte auch aus den
Äußerungen von Fed-Chef Jerome
Powell Honig saugen: Dieser
hatte nämlich gestern
angekündigt, auf den
Handelskonflikt „angemessen“
reagieren zu wollen, was dann
von den US-Anlegern prompt als
eine Bereitschaft der Fed zu
Zinssenkungen interpretiert
wurde und den US-Börsen noch
zusätzlichen Auftrieb gab.
Was ändert sich durch die
Kursbewegung der letzten Tage
aus charttechnischer Sicht? Wie
beschrieben muss die Vehemenz,
mit der die Kurse gedreht haben,
kein Hinweis auf einen
Trendwechsel sein. Tatsächlich
sind solche praktisch
ansatzlosen und sehr starken
Rallys sogar ziemlich typisch
für Bärenmärkte, in denen es
phasenweise immer wieder zu
solchen Shorteindeckungen kommt.
Die Stunde der Wahrheit schlägt
jedoch erst, sobald dieses erste
Momentum verpufft ist. Das
könnte schon im Bereich der
oberen Begrenzung der
provisorisch eingezeichneten
Flagge (vgl. Abb., rote Linien)
der Fall sein. Diese Flagge
könnte sich sogar als der Beginn
eines, bislang jedoch wenig
dynamischen Abwärtstrends
erweisen. Im Moment wurde die
obere Begrenzung jedoch noch
nicht getestet, so dass wir die
Entscheidung Flagge
(=Bestätigung des
Aufwärtstrends) oder neuer
Abwärtstrend derzeit noch nicht
treffen können. Eine Rückkehr in
den vergleichsweise steilen
Aufwärtstrend (vgl. Abb., blaue
Linien) wird allerdings mit
jedem verstrichenen Tag
unwahrscheinlicher. Summa
summarum würden wir unsere
Arbeitshypothese als einen
anhaltenden Seitwärtstrend unter
erheblichen Schwankungen und
temporären Rückschlagsgefahren
charakterisieren.
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Smart Investor Online
Ausnahmsweise mal nicht mit
Markttechnik, sondern mit
Computertechnik mussten wir uns über das
Wochenende beschäftigen. Unsere Website
ist auf einen neuen Server umgezogen und
etliche Prozesse wurden auf den
aktuellen Stand der Technik gebracht.
Dabei kam es leider zu Zugriffsproblemen
auf unser E-Paper, die Apps sowie die
PDF-Dateien. Inzwischen sind diese
Funktionen wieder verfügbar. Über die
nächsten Tage werden wir noch einige
Verbesserungen an Optik und Struktur der
Benutzerführung vornehmen, um Ihnen auch
künftig wieder ein „smartes“
Leseerlebnis bieten zu können. Für die
Umstände und die phasenweise
Nicht-Erreichbarkeit unserer Inhalte
dürfen wir uns in aller Form
entschuldigen und hoffen auf Ihr
Verständnis.
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Musterdepot Aktien & Fonds
Im Bereich „Highlights/Musterdepot“
geht es heute um Nachkäufe bei zwei
Highflyern sowie den Verkauf eines Flops
aus unserem Depot. Sie können sich dort
durch einfaches Blättern einen schnellen
Überblick über die Transaktionen der
letzten Wochen verschaffen.
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Smart Investor 6/2019:
Titelstory: Eigentum – Gut für
alle!
Healthcare: Gesundheit in
kleinen Dosen
Beteiligungsgesellschaften:
Tops, Flops und das gesunde
Mittelmaß
SoftBank Group:
Zwischen Genie und Wahnsinn
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Fazit
Ohne Technik geht es nicht – ob bei den
großen US-Tech-Unternehmen, der
technischen Analyse und leider manchmal
auch bei nicht bei „technischen Pannen“.
Christoph Karl, Ralph Malisch
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