Sehr geehrte Damen und Herren,
die in dieser
Woche anstehenden Notenbanksitzungen ereignen sich in einer
Situation erhöhter Inflationsraten, positiver, konjunktureller
Perspektiven sowie dem offensichtlich nahenden Ende der
ultra-expansiven Geldpolitik. Am weitesten entfernt von einem
Kurswechsel ist dabei noch die EZB. Ganz sicher wird es keine
Leitzinsanpassung geben. Marktteilnehmer erwarten allerdings
eine klarere Äußerung zur Zukunft der laufenden
Anleihekaufprogramme.
Das am Anfang
der Corona-Pandemie aufgelegte PEPP-Kaufprogramm dürfte Ende
März planmäßig auslaufen, vermutlich ohne das bis dahin
maximale Ankaufvolumen von 1,85 Bio. Euro voll auszuschöpfen.
Eventuell wird man das Programm reaktivieren, wenn die
Pandemie in den kommenden Monaten noch einmal für erhebliche
wirtschaftliche Rückschläge sorgen sollte. Im Gegenzug dürfte
aber ab April das APP-Anleihekaufprogramm aufgestockt werden,
wenngleich in Summe eine Reduktion der gesamten Kaufvolumina
der EZB wahrscheinlich ist. Die wichtigere Information ist
aber die aktualisierte Inflationsprojektion der Notenbank für
die kommenden drei Jahre.
Diese ist
entscheidend für den selbst zu steckenden Kurs eines künftig
weniger expansiven geldpolitischen Kurses. Erst wenn die
erwartete Inflationsrate auf Ebene der Eurozone deutlich vor
dem Ende des Projektionszeitraums nachhaltig die Marke von
zwei Prozent überschreitet, wird man eine geldpolitische Wende
in Betracht ziehen. Die bisherigen Erwartungen in Höhe von 1,7
Prozent im Durchschnitt des Jahres 2022 und 1,5 Prozent für
2023 werden angesichts der zuletzt deutlich zunehmenden
Preissteigerungen wohl nach oben angepasst, dürften aber
spätestens in 2024 wieder unterhalb von 2 Prozent liegen.
Zudem ist zu erwarten, dass EZB-Präsidentin Lagarde erneut auf
den nach Meinung der EZB nur temporären Charakter der aktuell
erhöhten Inflation verweist und damit weiterhin ein zeitnaher
Kurswechsel ausgeschlossen bleibt.
Anders sieht
die Situation in den USA aus, wo Fed-Chef Powell zuletzt die
Bezeichnung „temporär“ aus der Beschreibung der aktuellen
Inflationssituation gestrichen hat. Vielmehr ist angesichts
des immer besser ausgelasteten Arbeitsmarktes und der zuletzt
auf 6,8 Prozent angestiegenen Inflation schon im Dezember mit
einem beschleunigten Abbau der monatlichen
Wertpapierkaufvolumina (Tapering) zu rechnen. Folglich könnten
schon im zweiten Quartal erste Zinsanhebungen folgen. Die Bank
of Japan wird in dieser Woche wohl auch bei ihrem
ultra-expansiven Kurs bleiben, während die Bank of England
eine schon für November in Aussicht gestellte erste
Leitzinsanhebung aufgrund der Unsicherheiten durch die
Verbreitung der Omikron-Corona-Variante weiter zurückstellen
wird.
Insgesamt startet somit auch das Jahr 2022 mit einer massiven Unterstützung von geldpolitischer Seite und damit guten Aussichten für reale Anlageklassen wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle. Selbst in den USA oder in Großbritannien ist noch lange nicht von restriktiver Geldpolitik die Rede. Allerdings dürfte die Entwicklung der Inflationsraten ein wichtiger Indikator bleiben und wohl immer wieder Diskussionen um geldpolitische Kehrtwenden anstoßen.
Ihr Carsten Mumm
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER &
REUSCHEL
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