Wie die neue EU-Kommission
ausgekungelt wurde
|
|
Peter-Prinzip in Echtzeit
Nun, also Ursula von der Leyen.
Die zuletzt von der
Berateraffäre geschüttelte
deutsche Verteidigungsministerin
– und das war nur der vorläufige
Höhepunkt in einer langen Serie
von Pannen, Fehlleistungen und
Affären – soll
EU-Kommissionschefin werden. Wer
noch das Peter-Prinzip des
amerikanisch-kanadischen
Soziologen Laurence J. Peter
kennt, wird sich unmittelbar an
dessen Kernthese erinnert
fühlen, wonach jedes Mitglied
einer ausreichend komplexen
Hierarchie so lange befördert
werde, bis es die Position
erreicht habe, auf der es
unfähig sei, seine Aufgabe zu
erfüllen. Bei Ursula von der
Leyen dachte man eigentlich,
dass diese Position bereits das
Verteidigungsministerium war. Wo
allerdings, wie in Merkels
Machtnetzwerk, eine schützende
Hand waltet, sind die
Gesetzmäßigkeiten von Kompetenz,
Inkompetenz und Position
weitestgehend außer Kraft
gesetzt.
|
|
Alle Vorurteile bestätigt
Das eigentliche G’schmäckle an
dieser Personalie ist
allerdings, dass Frau von der
Leyen bei der EU-Wahl nie zur
Debatte stand. Die Parteien
hatten ja besonderen Wert darauf
gelegt, der Wahl durch
Spitzenkandidaten den Anstrich
eines demokratischen Wettbewerbs
zu geben. Zwar bestätigt das
EU-Parlament letztlich
tatsächlich den Präsidenten der
EU-Kommission, aber eben nur –
und das ist entscheidend –
nachdem der Kandidat vorher vom
Europarat, also den Staats- und
Regierungschefs der EU-Länder,
nominiert wurde. Dass der arme
Manfred Weber nun kalt
abserviert wurde, ist also genau
jener Hinterzimmerkungelei
geschuldet, für die die
Demokratie à la EU so berüchtigt
ist. Zudem löst diese Personalie
für Merkel ein weiteres Problem.
Dadurch wird ein Platz im
Bundeskabinett frei, der wohl
für Annegret Kramp-Karrenbauer
(AKK) vorgesehen ist, um auch
außerhalb von
Karnevalsveranstaltungen etwas
mehr Profil zeigen zu können. Es
mag zwar ganz nett sein, als
Parteichefin auf
Regionalkonferenzen durch die
Lande zu tingeln, aber
Kanzlerreife erhält man dadurch
nicht. Ein Ministerium ist
dagegen genau die Bühne, auf der
sich Problemlösungskompetenz
unter Beweis stellen lässt, und
da kommt der Scherbenhaufen, den
von der Leyen bei der Bundeswehr
hinterlassen hat, eigentlich wie
gerufen. Auch Friedrich Merz
hatte ja jüngst sein Interesse
für die Bundeswehr entdeckt,
wird aber wohl allenfalls im
Rahmen einer größeren
Kabinettsumbildung zum Zuge
kommen – vielleicht, denn das
entspräche seiner Kernkompetenz,
als neuer „Altmaier“. Der
zuletzt äußerst glücklos
agierende Wirtschaftsminister
könnte dann wieder ins
Kanzleramt wechseln oder mit
irgendwelchen Phantasieaufgaben
betraut werden. Weitere Rochaden
sind also nicht ausgeschlossen,
denn im Kabinett kann jeder
ohnehin alles, wenn auch nur auf
dem Niveau von Leuten, die eben
alles können. Während es bei AKK
weiter darum gehen dürfte, sie
als „Reserve-Merkel“ aufzubauen,
ist bei Merz wohl eher das Ziel,
ihn im Rahmen der
Kabinettsdisziplin unter
Kontrolle zu bringen. Neuwahlen
halten wir bei den aktuellen
Umfragewerten der GroKo-Parteien
für sehr unwahrscheinlich. Da
wird insbesondere die SPD manche
Kröte schlucken müssen, auch
einen Minister Merz.
Anzeige
|
|
In nur wenigen Sekunden
das optimale Produkt für ihre
individuelle Strategie
herausfiltern: Diese etwas
andere Art des „Speeddatings“
ermöglicht das neue Tool „Match
My Trade“ der SOCIETE GENERALE.
Bisher einzigartig auf dem
Derivatemarkt für Privatanleger:
Anstatt tausende Hebelprodukte auf
den gewünschten Basiswert,
erhalten Nutzer des neuen Tools
eine selektierte Auswahl, die zu
ihren Markterwartungen passen.
Zugleich wird die erwartete
Wertentwicklung sowie alle
verfügbaren Kennzahlen und
Parametern zur Risikobewertung
geliefert.
So
geht’s:
1. Basiswert auswählen
2. Erwartete Richtung (steigend
oder fallend) vorgeben
3. Kursziel und Stop-Loss der
Trading Strategie definieren
4. Trading-Zeitraum bestimmen
5. Die Auswahl kann beginnen
Jetzt selbst ausprobieren!
www.matchmytrade.de
|
|
Spitzendiplomatie „en marche“
Unabhängig von solchen
Spekulationen beweist die
Personalie von der Leyen einmal
mehr, dass die französische
Diplomatie – ganz im Gegensatz
zur deutschen – zur Weltspitze
gehört. Denn mit von der Leyen
ist sichergestellt, dass eine
schwache, vermutlich auch an
dieser Stelle ohne intensive
Beratung überforderte und damit
formbare EU-Kommissionschefin
installiert wurde. Formal hat
Deutschland damit aber dennoch
eines der EU-Spitzenämter
erhalten, was den Weg für eine
viel wichtigere Personalie frei
gemacht hat: Christine Lagarde.
|
|
Kreisklasse vs. Champions
League
Was Skandale betrifft, spielt
von der Leyen nur in der
Kreisklasse, Lagarde dagegen in
der Champions League. Erinnert
sei an die erst im Dezember 2016
erfolgte Verurteilung Lagardes
wegen „Fahrlässigkeit“ während
ihrer Zeit als französische
Finanzministerin unter Sarkozy.
Damals flossen 400 Mio. EUR an
Steuergeldern an den dubiosen,
später wegen Insolvenzvergehen,
Unterschlagung und Bestechung
verurteilten französischen
Geschäftsmann Bernard Tapie.
Tapie wiederum hatte Sarkozy
massiv im Wahlkampf unterstützt.
Sie suchen Filz? Hier haben Sie
ihn direkt vor der Nase und die
Recherche der Personen und
Verflechtungen wäre eine mehr
als abendfüllende Veranstaltung.
All dies gereichte Lagarde aber
nicht etwa zum Nachteil. Ebenso
wenig wie ihr offenes Bekenntnis
zu Rechts- und Vertragsbruch im
Rahmen der sogenannten
Euro-Rettung, das sie schon im
Jahr 2011 im Wall Street Journal
ablegte: „Wir verletzten alle
Rechtsvorschriften, weil wir
einig auftreten und wirklich die
Euro-Zone retten wollten.“ Genau
das ist der Stoff aus dem
EZB-Präsidenten gemacht werden –
kaltschnäuzig, rücksichtslos und
jederzeit bereit, Recht und
Vertrag mit Füßen zu treten,
wenn es einer vermeintlich
„höheren“ Sache dient. Chapeau!
|
|
Zu den Märkten
Offenbar erahnen die Märkte
bereits, wer da künftig in der
zweitwichtigsten Notenbank der
Welt die Fäden ziehen wird und
was das für die Stabilität der
globalen Finanzarchitektur und
insbesondere für die Geldwerte
bedeuten könnte. Kaum waren die
EU-Personalien über die Ticker
gelaufen, zog der Goldpreis
gestern massiv an. Der war
eigentlich gerade im
Korrekturmodus um den starken
Anstieg seit Anfang Juni zu
verdauen. Im Rahmen dieser
Korrektur war sogar die gerade
erst eroberte Marke von 1.400
USD/Feinunze unterschritten
worden. Gestern allerdings wurde
diese dann mit einer
überraschend kraftvollen
Bewegung zurückerobert. Die
Anzeichen für einen neuen
Goldbullenmarkt verdichten sich
also weiter. Man darf gespannt
sein, wie eine ausgewiesene
Trickserin vom Schlage Lagardes
künftig darauf reagieren wird.
|
|
Musterdepot Aktien &
Fonds
Lesen Sie im heutigen Musterdepot
ein Update zu Gazprom und Fiat
Chrysler. Sie können sich dort
durch einfaches Blättern einen
schnellen Überblick über die
Transaktionen der letzten Wochen
verschaffen.
|
|
|
Smart
Investor 7/2019:
Titelstory: Value
Investing – Das richtige Netz für
die dicken Fische
Flughafenbetreiber:
Die „Schaufelverkäufer“ der
Airline-Industrie
High-Yields: Heißer Zock
am Bosporus
Deindustrialisierung:
Deutschland auf dem Weg ins
wirtschaftliche Abseits
|
|
Fazit
0
Seilschaften und Hinterzimmer – so
funktioniert auch weiterhin die
„Demokratie“ in Brüssel.
Christoph Karl, Ralph Malisch
|
Hinweis
auf mögliche Interessenkonflikte:
Ein mit “*“ gekennzeichnetes
Wertpapier wird zum Zeitpunkt des
Erscheinens dieser Publikation oder
der Smart Investor Printausgabe von
mindestens einem Mitarbeiter der
Redaktion gehalten.
Abonnements:
Ein kostenloses zweimonatiges
Kennenlern-Abo des Magazins Smart
Investor kann hier
angefordert werden.
Das Magazin:
Das aktuelle Inhaltsverzeichnis des
Smart Investor Magazins können
Abonnenten unter Smart
Investor Ausgabe 7/2019 einsehen.
|
|
|