Guerilla-Taktik trifft
Selbstgefälligkeit
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Anschluss verpasst
Während inzwischen zumindest
Teile jenes Netzwerks bekannt
geworden sind, die den
kometenhaften Aufstieg der
„Klimaexpertin“ Greta T. auf die
internationale Bühne und in den
Medienmainstream bewerkstelligt
haben, waren beim neuesten
Medienphänomen „Rezo“ allenfalls
die professionelle Machart und
das Timing bemerkenswert.
Besonders bemerkenswert war dies
im Vergleich zur bräsigen
Selbstgefälligkeit, mit der die
Koalitionsparteien CDU/CSU und
SPD ihren Digitalwahlkampf
führten. Dieses Hinterherhecheln
hinter Trends, die von anderen
gesetzt wurden, scheint bei
allen drei Parteien
symptomatisch zu sein. Erst
trieb die AfD sie mit einem
frechen Web-Auftritt vor sich
her, jetzt sind es zusätzlich
noch die Grünen und deren
Netzwerke. Die Zeiten der
Postwurfsendungen des
Wahlkreiskandidaten sind
offenbar vorbei. Wenn aber
Spontaneität erst durch Gremien
abgesegnet und hausintern
abgestimmt werden muss, dann
kommen eben Videobotschaften
heraus, wie die von
CDU-„Jungstar“ Philipp Amthor,
der allerdings eher wie ein
handkoloriertes Abziehbild eines
50er Jahre Films wirkt. Immerhin
war die Partei klug genug, das
Video noch vor Veröffentlichung
in das Archiv umzuleiten, um
sich eine weitere
Social-Media-Blamage zu
ersparen. Auch die hilflose
Reaktion von CDU-Chefin Annegret
Kramp-Karrenbauer zeigt, wie
sehr da verkrustete Strukturen
durch die Guerilla-Taktik der
politischen Gegner ins Mark
getroffen wurden. Natürlich
gehen die digitalen Versäumnisse
wie ganz generell die Ursachen
für den Niedergang der CDU im
Wesentlichen auf das Konto ihrer
Vorgängerin Angela Merkel, das
aber hilft AKK jetzt nicht
weiter. Was der CDU sicher auch
nicht weiterhelfen wird, ist die
Anbiederung an junge Wähler in
pseudo-cooler Jugendsprache, die
bei jedem der Ü25 ist, einfach
nur lächerlich und infantil
wirkt. Wenn nicht einmal die
Selbstinszenierung als
„Klimakanzlerin“ grüne Stimmen
einbringt, wird dies ein
weiterer Marsch nach linksgrün
auch nicht tun. Welchen Sinn
soll es haben, ausgerechnet den
Wählern hinterherzulaufen, die
man gerade verloren hat? Will
man die verbliebenen Wähler auch
noch vergraulen? Das gilt in
ähnlicher Form auch für die SPD:
Die Enteignungsphantasien, die
Kevin Kühnert dort frisch aus
der marxistischen Mottenkiste
hervorzauberte, wurden von den
Wählern definitiv nicht
honoriert. Wie wichtig Eigentum
für ein Gemeinwesen ist, damit
befassen wir uns übrigens
ausführlich in der
Titelgeschichte des aktuellen Smart
Investor 6/2019 „Eigentum –
Gut für alle!“.
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EU-Wahl 2019 – die
wichtigsten Trends
Der positivste Wahltrend gleich
vorweg: Haben Sie noch etwas von
Putins Hackern gehört? Nein? Wir
auch nicht. Damit dürfte auch
relativ klar geworden sein, was
vom Argument russischer
Wahlbeeinflussung zu halten ist.
Dieser Schachtelteufel wird nur
dann nach der Auszählung bemüht,
wenn ein Sündenbock für ein
schlechtes Ergebnis gesucht
wird. Diesmal war das
tonangebende Establishment der
Leitmedien jedoch hochzufrieden.
Betrachtet man die Sendeanteile
grüner Spitzenpolitiker und des
bis zum Erbrechen gespielten
Klimathemas, dann, so wurde im
Internet bereits gescherzt,
sollte der Rundfunkzwangsbeitrag
eigentlich als Parteispende
steuerlich absetzbar sein. Die
neue grüne Insel der EU ist
jedenfalls nicht länger Irland,
sondern Deutschland. Allerdings
zeigte sich der Trend nur im
Westteil „Irrlands“,
vorzugsweise in den
meinungsführenden Metropolen wie
Berlin, München und Hamburg.
Schon Ostdeutschland, wie auch
die meisten anderen EU-Staaten,
mochten dem neuen grünen
Sonderweg nicht wirklich folgen.
Die Klimahysterie ist
mittlerweile deutscher als
Knödel & Kraut. Aber auch
anderswo florierte das Geschäft
mit der Angst und mit der Wut.
„Ich will, dass Ihr in Panik
geratet“ könnte der Leitspruch
wirklich jeder populistischen
Partei sein – egal, ob es um
massenhafte Zuwanderung oder den
baldigen Hitzetod der Erde geht.
Die eigenen Ängste gelten dabei
stets als berechtigte Sorge um
die Zukunft, während die Ängste
der anderen grundsätzlich
irrational oder gar böswillig
sind. Dabei sind Panikmache und
Populismus tatsächlich weder an
eine Farbe des politischen
Spektrums noch an eine
Weltanschauung gebunden.
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Zu den Märkten
Der DAX hat heute den
vergleichsweise flachen, rund
fünf Monate währenden
Aufwärtstrend mit einem
Paukenschlag verlassen (vgl.
Abb., rote Markierung). Dabei
spielt es keine Rolle, ob man
den entsprechenden Trendkanal
auf Basis der Extremwerte
(Dochte und Lunten) oder auf
Basis der Kerzenkörper
konstruiert (vgl. Abb.,
alternative
Kanalkonstruktionen). Der Bruch
ist nicht wegzudiskutieren und
er ist charttechnisch bedeutsam.
Die hohe Anzahl der
Bestätigungen (vgl. Abb., graue
Markierungen) zeigt, dass sich
die technisch orientierten
Marktteilnehmer durchaus an
diesem Kanal orientiert haben.
Lediglich, falls die untere
Begrenzung dieses Kanals nun
unmittelbar, kraftvoll und
nachhaltig zurückerobert würde,
könnte sich ein sogenanntes
Fehlsignal ergeben, das dann
positiv zu bewerten wäre. Dies
halten wir jedoch für äußerst
unwahrscheinlich. Daher ist
unsere Standarderwartung nun auf
eine Fortsetzung der
übergeordneten Baisse gerichtet,
die mit der Vollendung der
großen
Schulter-Kopf-Schulter-Formation
und dem Kurssturz im
Schlussquartal 2018 begonnen
hatte. Der flache Aufwärtstrend
wäre demnach nur eine
ausgedehnte technische Reaktion
gewesen. Saisonal passt dieses
Szenario übrigens recht gut zur
Regel „Sell in May and go away“
sowie zu der an dieser Stelle
schon mehrfach beschriebenen
Sorglosigkeit der
Marktteilnehmer.
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Musterdepot Aktien & Fonds
Im Bereich „Highlights/Musterdepot“
soll es heute um einen Verkauf und einen
Nachkauf gehen. Sie können sich dort
durch einfaches Blättern einen schnellen
Überblick über die Transaktionen der
letzten Wochen verschaffen.
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Smart Investor 6/2019:
Healthcare: Gesundheit in
kleinen Dosen
Beteiligungsgesellschaften:
Tops, Flops und das gesunde
Mittelmaß
SoftBank Group:
Zwischen Genie und Wahnsinn
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Fazit
Wenn die EU-Wahl eines gezeigt hat,
dann wohl dieses: Wer die Klaviatur der
Ängste am besten beherrscht, mobilisiert
die meisten Stimmen. Hoffentlich gerät
die Vernunft in der Politik darüber
nicht noch weiter ins Hintertreffen.
Ralph Malisch, Ralf Flierl, Rainer
Pristl
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