Letzte Woche meldeten sich zwei US-Notenbankmitglieder zu Wort.
Label Brainard, bekannt als Taube (Tauben stehen für eine lockere
Geldpolitik), sprach über die "höchste Priorität, die Inflation zu
bekämpfen", indem die Notenbankbilanz mit "hoher Geschwindigkeit"
geschrumpft wird. Die Präsidentin der San Francisco Notenbank Mary
Daly verglich eine hohe Inflation mit der Arbeitslosigkeit, beides
sei "gleich schädlich" für Arbeitnehmer der unteren
Einkommensklassen.
Abbildung 1: US-Notanbankbilanz: Verzehnfachung in 20 Jahren
Durch das Ankaufen von Staatsanleihen, seit vielen Jahren sogar
auch von Unternehmensanleihen wurde die Notenbankbilanz massiv
ausgeweitet. Staaten und Unternehmen können sich dadurch günstige
Kredite holen, ohne auf die Preisbildung am freien Markt
angewiesen zu sein. Selbst bei Fälligkeit der Anleihen brauchte
man sich in der Vergangenheit keine Sorgen machen, denn man konnte
sie einfach durch eine neue Anleihe ersetzen. Die Fed hat einmal
eingegangene Anleihekäufe im Volumen beibehalten.
Für das laufende Jahr werden nach der ersten Zinserhöhung im März
bis zu sechs weitere Zinserhöhungen erwartet. Manche Volkswirte
erwarten sogar große Zinsschritte, also eine Anhebung nicht nur um
0,25%, sondern gleich um 0,5%. In den vergangenen Wochen fand
geradezu ein Wettlauf der Erwartungsanpassungen statt. Parallel zu
den hohen Inflationsraten wurden die Zinserwartungen
kontinuierlich nach oben geschraubt.
Mit der Aussage vom letzten Dienstag hat die Fed nun sogar angekündigt, dem Markt auch über die Anleihekäufe Liquidität zu entziehen. Mit anderen Worten: Bei fällig werdende Anleihen wird die Fed künftig auf die Rückzahlung pochen. Eine Folgeanleihe wird also nicht mehr akzeptiert, der Staat und die Unternehmen müssen sich fortan über den freien Kapitalmarkt refinanzieren.
Es handelt sich also um eine weitere Verschärfung aus dem restriktiven Instrumentenkasten der Notenbank. Und für diejenigen, die ihre Zweifel haben, ob die Fed solche Schritte denn auch umsetzen könne, wenn der Arbeitsmarkt und/oder die Konjunktur darunter leiden, wird bereits die Information mitgegeben, dass die Eindämmung der Inflation wichtiger sei als eine eventuelle Arbeitslosigkeit oder Rezession.
Die US-Notenbank hat ein doppeltes Mandat: Geldwertstabilität und Arbeitsmarkt. Sie muss beide, sich oftmals gegenläufig bedingende Märkte optimieren. Bei einer Arbeitslosenquote von nur noch 3,6% hat sie reichlich Spielraum für Maßnahmen zur Wahrung der Geldwertstabilität.
Eine Konjunkturschwäche oder auch ein fallender Aktienmarkt werden in Kauf genommen.
Brainard und Daly sind zwei Tauben. Der Umstand, dass gerade diese beiden so falkenhaft agieren (Falken stehen für eine restriktive Geldpolitik), gibt den Aussagen um so mehr Gewicht. Die Falken in der Notenbank brauchen nicht erst überzeugt zu werden, jetzt sind sogar die Tauben für restriktivste Maßnahmen.
Wenn Sie sich anschauen, welche Aktien diese Woche ausverkauft
wurden, wird Ihnen ein Muster auffallen. Welches, das beschreibe
ich in Kapitel 03 im Rahmen der Sentimentanalyse. Die
Anlegerstimmung ist durchaus differenziert und spiegelt die wahren
Entwicklungen meiner Ansicht nach nicht wirklich wider.
Unterströmungen sind schwer zu erkennen.
Der Börsen Ausblick in Kapitel 04 beschäftigt sich zunächst mit
der Inflation in Europa. Während die USA konsequent reagieren,
schläft man in Europa noch.
Wir haben unser Portfolio bereits in den vergangenen Wochen an die
veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Auch letzte Woche haben
wir zwei Käufe getätigt, die diesen Wandel aufzeigen. Ich habe
aufgrund der komplexen Situation unsere Portfolio-Übersicht um
zwei Spalten erweitert, die das Thema Inflation und
Deglobalisierung abdecken. Die Details dazu lesen Sie ebenfalls in
Kapitel 04.
Elon Musk ist nun größter Einzelaktionär bei Twitter. Ich habe die
Hoffnung, dass er Twitter aus seinem Dornröschenschlaf erwecken
kann. Was er vorhaben könnte, habe ich in Kapitel 02 kurz
angedeutet - Sie müssen nur seinen Twitter-Feed folgen ;-)
Die neuen Updates enthalten zwei Kaufempfehlungen sowie eine
ausführliche Erklärung einer Collar-Optionsstruktur, mit der der
Kurs von Flatex seit einigen Wochen in einem Seitwärtskanal
gehalten wird.
Die Leserfragen beschäftigen sich mit den Themen 5-Wochensentiment
von animusX, Bewertungsansatz von BioNTech, das
Stagnationsgespenst und fehlende Kabelbäume aus der Ukraine für
die Autoindustrie.
Weiter zur aktuellen Heibel-Ticker Ausgabe 22/14: https://www.heibel-ticker.de/heibel_tickers/1973
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